CD- und Konzertkritiken

Der "Kurier" unter "Klassik-Disco":

Von Karl Löbl

Das Wiener Thalia Quartett, besetzt mit zwei Geigen, "picksüßem Hölzl" (also G-Klarinette) und Kontra-Gitarre spielt auf dem Label "Schrammel Records" ein bisserl Schubert und Lanner, ein bisserl Strauß Vater und Sohn sowie elf Stücke von Johann Schrammel in der originalen Besetzung. Unterhaltungsmusik aus dem alten Wien, Klang gewordenes Lokalkolorit, Popmusik des 19. Jahrhunderts. Eine erfreuliche Begegnung.


Die "Wiener Zeitung" unter "CD aktuell":

Schrammelmusik im Originalklang / Von H. G. Pribil

An überaus authentischem Ort - beim Heurigen Schübel-Auer in Wien-Nussdorf (der seit mehr als 25 Jahren auch für seine Konzert-Matineen und musikalisch-kulinarischen Veranstaltungen bekannt ist) - präsentierte am Montag das Wiener Thalia-Quartett seine CD "Music from Old Vienna II":

Das Wiener Thalia-Quartett wurde 1986 (damals noch unter dem Namen Thalia-Schrammeln) von den vier Absolventen der Wiener Musikhochschule gegründet, aus denen es auch heute noch besteht. Gespielt wird in der klassischen Besetzung: also 1. Violine, 2. Violine, G-Klarinette ("picksüßes Hölzl") und Kontragitarre - und nicht mit der Harmonika anstelle der Klarinette.

Die neue CD beinhaltet neben Musik von Johann Schrammel u. a. auch solche von Johann Strauß Vater (Cachucha-Galopp und Alte Annen-Polka), Johann Strauß Sohn (Blumenfest-Polka), Franz Schubert (Deutsche Tänze) und Josef Lanner (Hans-Jörgel-Polka).

Herrliche Musik in ungemein musikantischer, schwungvoller und transparenter Interpretation ohne unnötiges Schmalz ist das, was die vier Herren zu bieten haben.

Das Cover der CD ziert übrigens der hübsche Siebdruck "Korab meets Music" von Karl Korab. Das ist bei den Wien-Touristen vielleicht nicht gerade sehr verkaufsfördernd, aber es zeugt von Mut zur Innovation, der auch nicht genügend gewürdigt werden kann.


"Südkurier" vom 29. August 1995:

Wienerischer Charme ohne süßliche Töne

Thalia-Schrammeln gastierten in Langenargen und bezauberten durch ihre Frische und ihren Wiener Charme

Das letzte Konzert der diesjährigen Sommerkonzertreihe war der leichten Muse, der Wiener Volksmusik mit den Thalia-Schrammeln gewidmet. Der heitere Ausklang deckt sich auch mit der Freude der Veranstalter über den Erfolg, denn es sind immerhin 75 Prozent der Karten verkauft worden und vier Konzerte waren total ausverkauft.

Die Thalia-Schrammeln, die schon vor fünf Jahren hier das Publikum begeistert hatten und inzwischen an Spielwitz und präzisem Zusammenspiel dazugewonnen haben, boten originale Volksmusik, wie sie die Brüder Johann und Josef Schrammel im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts dem Volk abgehorcht, aufgeschrieben oder danach selbst komponiert hatten.

In der Besetzung von zwei Violinen und einer Kontra-Gitarre wurde diese Musik zum Inbegriff des Wiener Musikantentums. Wenige Jahre später erweiterten die Brüder Schrammel das Ensemble durch die G-Klarinette. Mit der Anerkennung der Leistung durch Johannes Brahms und Johann Strauß reichte der Ruhm dann bald weit über Wien hinaus.

Die vorzügliche Schulung und das virtuose Können des originalen Schrammelquartetts hob diese Volksmusik weit über die sonstige Heurigenmusik hinaus, wie das auch jetzt in Langenargen zu erleben war. Eigentlich fehlte nur noch ein gutes Gläschen Heuriger dazu.

Johann Schrammel war als Komponist der fruchtbarere und ursprünglichere von den beiden Brüdern, mit dessen "Dornbacher Hetz" der beschwingte und unbeschwerte Abend eröffnet wurde. Hier wie bei "Eugenie-Walzer" oder "Jagdabenteuer" oder "Bei guter Laune" lag der Reiz in der melodischen Eingängigkeit. Die G-Klarinette brachte mit der Überschlagsstimme noch die für diese Musik charakteristische Klangfärbung. Gerald Grünbacher spielte sie im wahrsten Sinne des Wortes mit ,,Pfiff'' und betonte mit zum Teil virtuosen und sorgfältig eingeflochtenen charakteristischen Figuren und Trillern das Fröhliche und Kecke dieser Musik.

Primarius Harald Huemer, seine Stimme oft mit der Klarinette parallel führend, hob auf schöne und elegant weiche Melodieführung ab, ohne zu Süßliches ins Spiel zu bringen. Er wußte den Volkston geschmackvoll zu artikulieren. Dabei wurde er gewandt von Reinhold Rung am zweiten Geigenpult mit kunstvoll gesetzten Unter- oder Gegenstimmen ergänzt. Als kleiner musikalischer Spaßmacher mischte der Klarinettist auch Vogelgezwitscher mit der Wasserpfeife darunter oder ließ "lm Krapfenwaldl" von Johann Strauß Sohn den Kuckuck rufen. Überhaupt gab es so manche Anklänge an Strauß und Lanner bei den weiteren Polkas, Walzern und Märschen.

Daß alles seine Harmonie und rhythmischen Elan hatte, dafür sorgte Heinz Hromada einfühlsam begleitend auf der zweihälsigen Kontragitarre. Mit deren Baßsaiten erhielt vor allem die erste Zählzeit der Takte die richtige Gewichtung. Bei allem souveränem Zusammenspiel der Musiker glitten die Werkdarstellungen nicht ins Routinehafte ab, sondern bezauberten durch ihre Frische und dem Wiener Charme.

FRANZ JOSEF LAY


"Der Standard" vom 11. August 1989:

Ankündigung der CD-Erscheinung "Music from Old Vienna"

In original Schrammel-Musik-Besetzung (mit dem berühmten "pick-siaßen Hölzl", der hohen G-Klarinette) spielen die Thalia-Schrammeln (zwei Violinen, G-Klarinette, Kontra-Gitarre) kaum bekannte Schmankerln von Fahrbach, Strohmayer, Schubert, den Brüdern Schrammel u.v.a. (Naxos/Gramola 8.550228). Angenehmerweise vermeiden die Wiener die berüchtigten Raunz-Orgien (Glissandi) und falschen Tempobremsungen.


"Wiener Zeitung" vom Juli 1989:

Im Zeichen der fröhlichen Muse

Die Thalia-Schrammeln spielten heuer erstmals im Wiener Musik-Sommer / Von Johanna Frick

Ein neues Ensemble, das um das originale Klangbild der Wiener Musik bemüht ist, sind die "Thalia-Schrammeln". Sie waren in Wien erstmals anläßlich des Musikalischen Sommers 1989 zu hören.

Sie haben ihr Ensemble nach der Muse der Komödie, der Schauspielkunst, deren Embleme Maske, Efeukranz und Hirtenstab sind, genannt. Gemeint sind die Thalia-Schrammeln, ein neues Quartett, das sich der Wiener Musik des 19. Jahrhunderts verschrieben hat und bereits bei seinem ersten öffentlichen Auftritt in Wien anläßlich des Musiksommers 1989 nicht nur ein beachtliches Niveau, sondern auch bereits prägnante Eigenart in der Klangfarbe zeigte.

Der Name Thalia enthält den Hinweis, daß alle, die diesem neuen Schrammel-Quartett angehören, Musiker des Bühnenorchesters der Bundestheater sind: Harald Huemer und Reinhold Rung (abwechselnd erste und zweite Violine), Gerald Grünbacher (G-Klarinette) und Heinz Hromada (Kontragitarre).

Viermal stellen sich die Thalia-Schrammeln im Juli d.J. mit jeweils einem anderen Programm in urwienerischem Rahmen Ihrem Publikum. Sie konzertieren im Hof der Lichtenthaler Pfarrkirche, im Hof des Haydn Hauses, und zweimal im Hof von Schuberts Geburtshaus. Beim letzten Konzert war auch die Wiener Zeitung mit dabei.

Das Programm des Abends umfaßte ausschließlich Werke der Wiener Musik von Schubert bis Strohmayer, Johann Schrammel, Josef Strauß und Johann Strauß Sohn. Entbehrten die ersten Stücke manchmal noch ein wenig den allerletzten Schliff, so wußten sich die Musiker geschickt zu steigern. Köstlich der Eisenbahn-Galopp von Josef Mikulas, einschmeichelnd der Liebeslieder-Walzer von Strauß (man hätte am liebsten gleich zu tanzen begonnen!), urwienerisch Strohmayers "fesche Godl" und Schrammels heimliche Hymne "Wien bleibt Wien".

Die Mitglieder des Thalia-Quartetts folgen in großen Zügen der Linie des ehemaligen Wiener Klassischen Schrammelquartetts der Wiener Symphoniker, denn sie konzertieren ausschließlich mit der G-Klarinette, dem picksüßen Hölzl. Das erfordert besondere Konzentration und Präzision.

Wie Harald Huemer in einem kurzen Gespräch berichtet, trug er sich schon lange mit dem Gedanken, ein Schrammelquartett zu gründen. Es dauerte allerdings einige Zeit, bis er Gleichgesinnte fand. Dann war es auch nicht einfach, eine gute Kontragitarre, und noch schwieriger, eine G-Klarinette aufzutreiben. Gerald Grünbacher kaufte in Osterreich ein Instrument und - Klarinettisten haben in dieser Beziehung geschickte Hände - hat dieses kleine Blasinstrument in Eigeninitiative verbessern, um ihm den erwünschten Klang zu gehen. Die Klarinette klingt schon sehr schön. Er will sie allerdings noch weiter verbessern.

Auch die entsprechenden Noten für eine authentische Wiedergabe der Schrammelmusik zu bekommen, ist nicht leicht. Man wandte sich an Prof. Deutsch und dieser stellte für die Musiker die Kontakte zu Prof. Lois Böck, dem legendären Leiter der "Klassischen" her. Prof. Böck macht es offenbar Freude, den jüngeren Kollegen mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Über ihn wurde auch mehr Original-Notenmaterial zugänglich, als in Neudrucken im Handel zu kaufen ist.

"Wir folgen seinen Ansichten in vielem. Sein Rat ist uns wertvoll, aber wir wollen doch kein Abklatsch der "Klassischen" sein. Wir haben über das eine oder andere Musikstück unsere eigenen Ansichten, die wir zu Gehör bringen wollen", meint Huemer.

Die Historie berichtet von der legendären Begegnung der Wiener Philharmoniker mit dem Original-Schrammelquartett, dem die Mitglieder des berühmten Orchesters mit Vergnügen zugehört haben. "Wir haben unfreiwillig auch schon vor Wiener Philharmonikern gespielt", erzählt Huemer. "Da hatten wir wohl etwas Scheu. Aber die Kollegen haben uns freundlich zugehört. Das gibt natürlich Auftrieb."

So geschehen vor einigen Wochen in Hongkong. Die Thalia-Schrammeln hatten dort im Kaffeehaus des Hotels Intercontinental ein Engagement, die Philharmoniker waren anläßlich ihrer Fernost-Tournee in diesem Nobelhotel untergebracht.

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